Ich zähle mich zur Gattung „tierlieb“, aber eine Spezies hat es sich dieses Jahr gründlich mit mir verscherzt: die Schnecke! Nicht alle, wohlgemerkt. Die niedlichen Häuschen-Träger oder die kleinen Salatblatt-Knabberer sind fein raus. Nein, ich meine die dicken, fetten Rot-Braunen. Jene Exemplare, die in deinen Gartenschuhen nächtigen und dir morgens an den Zehen kleben. Die Schnellkomposter-Surfer und Regenwetter-Haustür-Deko-Künstler. Kurz: Die Pflanzenzögling-Vernichter, die wochenlange Aufzuchtarbeit in einer Nacht zunichtemachen.
Dieser Sommer brachte mich an den Rand der Verzweiflung. Nach den trockenen Vorjahren erlebten wir eine regelrechte Schnecken-Explosion. Meine Gutmütigkeit rächte sich bitter – alles Essbare fiel ihrem Heißhunger zum Opfer. Übrig blieb nur das Unkraut – natürlich unberührt von den Schleimern. Wie praktisch.
Also schmiedete ich Pläne für den großen Gegenschlag. Dabei bin ich in guter Gesellschaft: Schon mittelalterliche Ritter kämpften gegen überdimensionierte Schnecken, wie Buchmalereien belegen. Ihre Gründe waren vermutlich andere, aber der Kampfgeist zählt!
Die ethische Zwickmühle
Auge um Auge, Zahn um Zahn? Nein, so biblisch sind wir dann doch nicht mehr drauf. Aber was tun mit diesen lästigen roten Schnecken? Schneckenkorn fällt flach – zu hinterhältig und obendrein wirkungslos (glaubt mir, ich kenne mich aus mit Heimtücke). Das klassische Gartenmesser-Massaker? Eher nicht, wenn die Innereien der Weichtiere noch weicher werden als ihr Äußeres. Und ein Salzwasserbad? Klingt zunächst einfach, entpuppt sich aber beim Entsorgen als waschechte Ekel-Erlebnis-Expedition. Zudem: Wenn Fische Schmerzen empfinden, tun’s Schnecken vermutlich auch. Ethisch ist Schneckenmord also eine heikle Angelegenheit.
Bierfallen, Kupferzäune und Co.
Geschäftstüchtige Gartengurus preisen allerlei Wundermittel an. Kupferzäune? In meinem Chaos-Garten, wo alles wild durcheinander wuchert, wären die so nützlich wie ein Regenschirm in der Wüste. Die Schnecken würden diese Mini-Barrieren nur müde belächeln und die Blätter-Brücken nutzen.
Bierfallen? Nun ja, ich will die Schnecken vertreiben, nicht zu Tode saufen. Außerdem – wer weiß, wie trinkfest unsere Landschnecken sind? Am Ende veranstalten sie noch nächtliche Oktoberfeste in meinen Beeten. Prost, ihr Schleimer!
Bleibt noch die Hoffnung auf natürliche Fressfeinde. Leider Fehlanzeige: Die hochgelobten Tigerschnegel entpuppen sich als Schnecken-Gourmet-Feinschmecker, die nur gelegentlich zuschlagen. Glühwürmchen huschen zwar durch den Garten, scheinen aber im Schnecken-Überfluss zu schwelgen. Und Aaskäfer? Deren Anlockung möchte ich mir gedanklich nicht ausmalen – nein danke!
Die große Umsiedlung
Die tierfreundliche Variante klingt simpel: Schnecken sammeln und umsiedeln. Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail – oder in diesem Fall, die Schnecke im Salat.
Operation Schnecken-Taxi:
Abends bewaffnet mit Eimer durch den Garten streifen, klingt nach einem romantischen Abendspaziergang. Ziel: Die schleimigen Gäste mindestens 20 Meter weit weg bringen. Doch Vorsicht! Der Nachbars Garten ist tabu, es sei denn, Du planst einen Nachbarschaftskrieg der besonderen Art.
Wo ist das Schnecken-Paradies?
- Naturschutzgebiete und Biotope: Absolutes No-Go! Die Natur hat schon genug Probleme.
- Der Wald um die Ecke: Klingt idyllisch, ist aber keine gute Idee.
- Die Hundewiese vorm Haus: Bingo! Ein Schnecken-Schlaraffenland mit „natürlichem Dünger“.
Wer hätte gedacht, dass Schnecken eine Vorliebe für Hundehinterlassenschaften haben? Diese Information macht sie irgendwie noch … spezieller. Mit etwas Glück finden sie dort ihr neues Zuhause und lassen meinen Garten in Ruhe.
So bleibt mein Gewissen rein, die Nachbarn bleiben Freunde, und die Schnecken bekommen eine neue Heimat mit „spezieller“ Gastronomie. Win-win-win – außer vielleicht für die ahnungslosen Hundebesitzer, die sich wundern werden, warum plötzlich so viele Schnecken ihre Gassi-Route kreuzen.